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Johanna Meixner: Konstruktivismus und die Vermittlung produktiven Wissens, Luchterhand 1997

Konstruktivismus als Wissenschafts- und Erkenntnis(Kognitions)-theorie

Selbstorganisation und Selbstreferenz

Das menschliche Gehirn als kognitives System ist energetisch offen, von der Umwelt aber semantisch abgeschlossen; d.h. es nimmt keine Information im Sinne von Bedeutung auf. Somit kann das Gehirn, in dem sich die Wahrnehmung vollzieht, Wirklichkeit nicht repräsentieren, sondern nur konstruieren. Umweltereignisse sind demnach höchstens Perturbationen, die im Gehirn intracerebral nach eigenentwickelten Kriterien. i.e.S. nach den Prinzipien der Selbstorganisation (Autopoesis) und der Selbstreferentialität gedeutet und bewertet werden. Unsere Kognition erzeugt also kein Abbild der Umwelt, sondern ein überlebens-ermöglichendes viables (homöostatisches) Verhalten. Dabei interagiert das kognitive System mit seinen inneren Zuständen, es beobachtet sich selbst, ist rekursiv. Die Sprache ist das Instrument der Beobachtung. Durch sie werden über Unterscheidungen kognitive Orientierung und Wertung erst möglich gemacht. Alle Operationen finden innerhalb dieses geschlossenen, selbstreferentiellen, rekursiv vernetzten Systems statt. Realität wird über Unterscheidungen konstruiert und bleibt somit eine Konstruktion.

 Die Subjektivität des Wissens

Jegliches Wissen ist im Gedächtnis verteilt (Distributivitätsannahme). Das Gedächtnis bezieht in seine Prozesse die Aktivität fast aller Hirnteile mit ein. Je nach Anlaß wird das Wissen über synaptische Verschaltungen mit Neuronen (Konnektivitätsannahme) als Erinnerung hergestellt (Prozessualitätsannahme). Die Vernetztheit und Ganzheitlichkeit des menschlichen Wissens bedingen seine weitgehende Subjektivität. Die Wissensqualität ist aufgrund subjektiver Vernetzungen weitgehend unvorhersagbar.

 Emergenz

Der Begriff Emergenz bezeichnet jenes plötzliche Auftreten neuer Qualitäten, die sich nicht als Summe vorgängiger Eigenschaften, Input-Daten, Interaktionen und Reaktionen erklären lassen. Übersummativität, Aha-Effekt und Fulguration sind Konzepte, die ähnliche system-theoretische Aussagen treffen: Zugrunde liegt der Gedanke von selbstorganisierender Ordnungsbildung aus ursprünglich chaotisch strukturierten Potenzen. Begriffe wie Sinn, Erkenntnis und Bedeutung lassen sich beispielsweise als emergente nicht-physikalische Eigenschaften eines letztlich physikalisch-chemischen Systems (des organischen Gehirns) beschreiben. Die Frage nach dem Status unseres Wissens wird im Radikalen Konstruktivismus allein auf der Ebene des individuellen Bewußtseins beantwortet. Weiterhin bleibt die Frage offen, welche Auswirkungen die Geschlossenheit eines Systems aus seine Informationsverarbeitung hat. Wir vertreten eine gemäßigtere konstruktivistische Auffassung: Wahrnehmung und Lernen als Beitrag zur Erweiterung der Wirklichkeit. Damit knüpfen wir an die Linie eines sozial-konstruktivistischen Menschenbildes an.

 Sozialer Konstruktivismus

Der Soziale Konstruktivismus geht von folgenden Prämissen aus:

Menschliche Wirklichkeit wird in Prozessen menschlicher Kommunikation gesellschaftlich konstruiert.

Diese Prozesse sind historisch und veränderbar. Das wichtigste Medium dieser Prozesse ist Sprache als Produkt und Produzent menschlicher Wirklichkeit. Die sprachlichen Interaktionen sind als Anregung zu Konstruktionen, zu orientierenden Handlungsweisen und Interpretationsmöglichkeiten zu verstehen.

Diskursive Konstruktion

Wahrnehmen und Denken sind über die soziale Interaktion gesellschaftlich geprägt. Dies hat Auswirkungen auf die Sprache: Sie hat sich aus Metaphern, bildlichen Ausdrücken, Sprachfiguren entwickelt und ist durch ein spezifisches Repertoire an Gestik gekennzeichnet. Als sozialisierte Mitglieder einer Gesellschaft wissen wir, wie wir uns in bestimmten Situationen und Kontexten zu verhalten haben, welches Rollenspiel von uns erwartet wird.

Autonomie

Die individuellen Wirklichkeitskonstruktionen von Menschen sind zu einem großen Teil "im Diskurs kommunal hergestellte kulturelle Wirklichkeiten". Das Gehirn des Menschen ist als geschlossenes kognitives System autonom in der Lage, diese Wirklichkeiten zu verändern.

Der Mensch kann demgemäß auf Perturbationen individuell und selbstbestimmt reagieren. Der dazu erforderliche Prozeß der Selbstreflexion erfordert einen Perspektivenwechsel von einer zur anderen Person. Dadurch gelingt es ihm, die bestehenden Wirklichkeiten vor dem Hintergrund neu an ihn herantretender Informationen zu prüfen. Drei Paradigmen stehen ihm zur Verfügung:

Drei Muster der Wirklichkeitsprüfung

- Das narrative Paradigma: Soziale und kulturelle Realitäten spiegeln sich in Erlebnisberichten und Lebensgeschichten von Individuen wider, mit anderen Worten, in der Literatur der jeweiligen Kultur. Sie stellt in ihrer Vielfalt den Fundus zur Erweiterung subjektiver Wirklichkeiten dar.

- Das Beobachtungsparadigma: Das Verhalten von Menschen zueinander ist geprägt durch Sprache einerseits und durch nonverbale Signale andrerseits. Zum Leben in einer bestimmten Gesellschaft gehört der konsensuelle Gebrauch sprachlicher und nicht-sprachlicher Verhaltensweisen. Diese gilt es zu beobachten, zu deuten und zu definieren.

- Das Introspektionsparadigma: Die an einem Dialog beteiligten Gesprächspartner müssen in die Lage versetzt werden, sich von ihrer Rolle distanzieren zu können, um die Wirklichkeit zu überdenken und ggf. neu bestimmen zu können. (Meixner, S.19 - 22)

 ..... wir brauchen eine ganzheitliche Position. Durchaus legitim scheint mir die Konsequenz, einzelne didaktisch-methodische Grundlagen dem Vermittlungsspektrum zu entnehmen, um sie einem ganzheitlich-konstruktivistischen Paradigma zuzuführen.

Die theoretischen Grundlagen eines solchen Versuchs lassen sich zum großen Teil bei der konstruktivistischen Philosophie finden, weil sie es ist, die Aspekte wie Selbstverantwortlichkeit, Selbstkritik, Entität, Kooperation, Ablehnung wissenschaftlichen Totalitätsanspruchs verschärft ins Blickfeld rückt. Welche Annahmen eine konstruktive Umgebung, ein optimales, stets dynamisch wirkendes, kritisch-reflexives Umfeld zum Fremdsprachenlernen bereitstellen können, wollen wir kurz skizzieren:

Die Aktivierung des Lerners nach dem Prinzip aufgeklärter Einsprachigkeit, das Einprägen zielsprachlichen Wortschatzes im Sinnzusammenhang entnehmen wir der vermittelnden Methode.

Verhaltenskonditionierende Übungsformen (pattern drill) bzw. Imitation von native-speaker-Sprachformen in Alltagssituationen, die Anerkennung einer Phasen-Einteilung nach den vier Fertigkeiten Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben sind Elemente aus der audiolingualen Methode.

Das Prinzip der Anschaulichkeit (Visualisierung) und der Dialog als Textsorte entstammen der audiovisuellen Methode.

Der kommunikative-pragmatische Ansatz stellt die Prinzipien der Kreativität und Kognition, der Offenheit und Flexibilität, der Sensibilität und des Handelns in verschiedenen Situationen zur Verfügung.

Das interaktionelle Konzept impliziert wichtige Grundvoraussetzungen wie eigenkulturelle Prägung, Einbezug von Vorwissen und Lebenserfahrung, von vorgängigen (Fremd)Sprachenkenntnissen und es ist lerner-prozeßorientiert. Eine Integration von input- und output-gewichteten Ergebnissen erscheint opportun; die bedeutsamsten wollen wir nennen:

- Ohne Interaktion kein Lernen, je häufiger, desto besser
- Die Notwendigkeit zum Sprachaustausch
- Themeninitiierung durch den Lerner zur Motivationssteigerung.

 Die Forderung nach interaktionellem Sprachaustauschs führt uns unweigerlich zu der Frage nach der Bereitstellung eines dafür geeigneten Lernumfeldes. (Meixner p.33-34)

. Die genaue Untersuchung der Unterrichtsstunden ergab insgesamt ein hohes Maß an verbaler Lehrerdominanz: Gespräche werden primär vom Lehrer induziert. Signale und Markierungen zur Gesprächseröffnung durch Schüler sind meist nicht erkennbar. Vor allem aber, und dieser Punkt scheint gravierend, die zu einer allgemeinen Gesprächsführung unerläßlichen Abschlußverfahren, insbesondere des Erläuterns und Zusammenfassens, der Metakommunikation, bleiben unterentwickelt. Gerade sie sind aber förderlich für einen individuellen Erkenntnisgewinn, für Lernzuwachs und zunehmende Bedeutungsentfaltung. Der Lehrer spornt an, der Lehrer hilft weiter, und der Lehrer allein bewertet. Dies führt zu einer einseitig geprägten Abhängigkeit vom Lehrer-Urteil, andere Meinungen sind nicht gefragt. Der Unterrichtsdiskurs wird ausschließlich durch das Erreichen des jeweiligen globalen Unterrichtszieles bestimmt. Subjektive Lernererwartungen bzw.-erfordernisse finden keine Berücksichtigung.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Ehlich/Rehbein. Sie untersuchen als Beispiele schulischer Diskurstypen die zentralen sprachlichen Handlungsmuster des Problemlösens, Rätselratens, des Lehrervortrags und des Begründens. Als Paradoxie schulischer Wissensvermittlung stellen sie in ihren Analysen fest, daß die Institution Schule zwar vorgibt, die Schüler für ihr künftiges Handeln in der Welt vorzubereiten, faktisch aber genau das verhindert. Zur Offenlegung dieser Diskrepanz unterscheidet Ehlich den Lehr-Lern-Diskurs im emphatischen Sinne vom Unterrichtsdiskurs (=unemphatisch)als praktiziertem Faktum.


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